Lange Zeit war das Werk des 1936 verstorbenen Arztes Edward Bach praktisch vollkommen in Vergessenheit geraten. Es dauerte über 40 Jahre bis die junge Heilpraktikerin Mechthild Scheffer per Zufall auf die Bachblütentherapie stößt und in Folge für den abendländischen Kulturkreis reanimiert. Mechthild Scheffer gilt heute international als Wegbereiterin und anerkannte Fachautorität der Original Bachblütentherapie. Durch ihre zahlreichen Veröffentlichungen und über die von ihr gegründeten Institute für Bachblütentherapie (Hamburg, Wien) wurde die Original Bachblütentherapie systematisch ausgebaut und in ihrer Anwendung entfaltet.
Wie haben Sie eigentlich zur Bachblütentherapie gefunden? Gab es da ein Schlüsselerlebnis? Auf welche Weise hat das Aufeinandertreffen mit dieser Therapieform Ihr Weltbild verändert?
MECHTHILD SCHEFFER: Eigentlich habe nicht ich zu den Bachblüten gefunden, sondern die Bachblüten haben mich gefunden. Besser gesagt, ich bin zu ihnen geführt worden. Bevor ich, in der Absicht mal wieder etwas Neues zu erfahren, spielerisch mit einer Heilpraktikerausbildung begann, war ich bereits 10 Jahre als Kreative in der Kommunikationsbranche tätig gewesen. Heute erkenne es als einen Kommunikationsauftrag von höherer Ebene, die Bachblütentherapie in den deutschsprachigen Ländern einzuführen. Es gab kein Schlüsselerlebnis, sondern nur die simple Frage einer Mitstudentin „Hast du schon mal was von den Bachblüten gehört? Soll eine tolle Sache sein!“ Während dieser Heilpraktikerausbildung hatte ich mich bislang am meisten für die Gemütssymptome der klassischen Homöopathie interessiert. Bei meinem nächsten beruflichen Besuch in London, fand ich mich plötzlich in Watkins-Book-Shop wieder – einer der damals zwei esoterischen Buchhandlungen auf der Charing-Cross-Road – und fragte nach einer Information zu den Bachblüten. Nach einigem Nachdenken, fischte der Verkäufer aus dem untersten Regal ein leicht angestaubtes Buch heraus „Bach Flower Remedies“ von Philipp Chancellor. Ich schlug es auf und sah auf einer Doppelseite nur ein Gemütssymptom mit einer einfach beschriebenen Fallstudie. Das ist ja nun wirklich ganz genau das, was mich interessiert, dachte ich, aber so einfach, wie es da steht, kann das ja gar nicht sein (Bachblüte Gentian). Ich brauchte Jahre, um zu begreifen, dass es im Enddefekt wirklich so einfach ist. Schon zwei Tage später fuhr ich zum englischen Bach Center, in der Nähe von Oxford, und traf dort den damaligen Kustoden John Ramsell. Der sagte, nachdem er mich eine Weile interessiert betrachtet hatte, lächelnd: „You have a mission“.
Mein erster Selbstversuch war die Einnahme der Bachblüte Wild Oat, der wilde Hafer, heute die Berufungsblüte genannt. Sie ist für Menschen, die zu viele Eisen im Feuer haben und den roten Faden in ihrem Leben nicht finden. In der ersten Nacht hatte ich einen bemerkenswerten Traum: Ich war mit einer altmodischen ledernen Arzttasche auf einer Wiese und wusste, in dieser Tasche befinden sich präparierte Schmetterlinge, aber nicht geschützt in kleinen Kästchen, sondern einfach so. Eine Stimme sagte zu mir: „Öffne jetzt die Tasche!“ Ich dachte, das hat doch gar keinen Zweck, denn die Schmetterlinge da drinnen sind längst zu Staub zerfallen. Dann öffnete ich die Tasche aber doch, und zu meinem größten Erstaunen stiegen daraus lebendige Schmetterlinge auf und flogen in den blauen Himmel auf ein Wäldchen zu. Das war ein Initationstraum wie er eindeutiger nicht sein kann. Ich habe ihn aber damals noch nicht ganz als solchen verstanden.
Das Aufeinandertreffen mit der Bachblütentherapie hat mein Weltbild nicht verändert, höchstens bestätigt, und das, obwohl ich in einem preußisch nüchternen Juristenhaushalt aufgewachsen bin, wo andere Weltbilder vorgelebt wurden.
Da es keinerlei Nebenwirkungen gibt, bietet sich die Bachblütentherapie für viele Menschen als beliebtes Mittel zur „Eigenmedikation“ an. Gibt es Grenzen der Selbstanwendung? Wann sollte man besser einen Bachblütentherapeuten aufsuchen und worin unterscheidet sich dessen Arbeit von der Anwendung zuhause?
MECHTHILD SCHEFFER: Tatsächlich hat Edward Bach seine Bachblüten zur Selbstanwendung entwickelt. Sein Hauptwerk trägt ja den Titel „Heile dich selbst“. Er stellte sich vor, dass später in jedem Haushalt ein Bachblüten-Set vorhanden wäre, und dass man mit den Bachblüten akut auftretende „negative Seelenzustände“ – wie z.B. Angst vor einer Auseinandersetzung mit dem Chef durch Mimulus – wieder in Harmonie bringen könnte.
Die Grenzen der Selbstanwendung zeigen sich, wenn es sich nicht nur um akute sondern eher chronische negative Seelenzustände handelt, also solche, die immer wieder auftreten, zum Beispiel ein Autoritätskonflikt zwischen Vater und Sohn, der sich auch im Berufsleben immer wieder störend bemerkbar macht. Hier ist es in vielen Fällen empfehlenswert, die Bachblüten begleitend zu einer anderen fachgerechten Therapie einzusetzen. Zum Beispiel haben Psychologen die Erfahrung gemacht, dass sich ihre Therapiezeit um fast 50% verkürzt, wenn sie durch Bachblüten-Einnahme begleitet wird.
Gut ausgebildete Bachblüten-Therapeuten führen mit ihren Klienten das sogenannte Bachblüten-Gespräch. Dieses ist eine gemeinsame Erkenntnissuche nach den von Bach so bezeichneten „geistigen Missverständnissen“, die hinter den vorhandenen negativen oder disharmonischen Seelenzuständen stehen. Vor allem findet man heraus, welche positiven Eigenschaften und Potenziale sich eigentlich dahinter verbergen und welche Bachblüten-Essenzen jetzt dabei helfen, sich diese Potenziale wieder zu erschließen. Das Bewusstsein für die Entfaltung eigener Potenziale und Ressourcen ist heute der Schwerpunkt des Bachblüten-Gesprächs. Das alles findet man sehr klar und einfach beschrieben in meinen neuen Buch: „Bachblüten als Wegbegleiter“.
Aber auch wenn man allein zuhause mit den Bachblüten arbeitet, ist es empfehlenswert, einen Gesprächspartner hinzu zu ziehen. Es muss nicht unbedingt ein Bachblüten-Experte sein, denn die Selbsterkenntnis hat, wie wir wissen, ihre natürlichen Grenzen. Wir haben alle blinde Flecken, und gerade die Verhaltensmuster, die aus dem Unterbewusstsein ins Bewusstsein drängen, um transformiert zu werden, sind oft die entscheidenden in einer Mischung. Diese tauchen im Gespräch mit einem anderen oft wie von selbst auf.
Wann wird ein Mensch aus der Sicht der Bachblütentherapie krank und was ist der Sinn von Krankheit?
MECHTHILD SCHEFFER: Aus der Sicht der Bachblütentherapie wird der Mensch krank, wenn er bei der Entfaltung seines Lebensthemas oder Lebensauftrages geistige Gesetze ignoriert oder nicht beachtet.
Bach spricht hier erstens vom Gesetz der Einheit: Wir sind Teil eines größeren Ganzen wie z.B. eine Leberzelle in einem Körper. Unser individuelles Handeln ist langfristig nur fruchtbar, wenn es mit den Interessen der größeren Einheit im Einklang ist.
Zweitens wirkt nach Bach das Gesetz der Priorität des eigenen Lebensplanes: Unsere wichtigste Aufgabe ist, den eignen Lebensauftrag zu entfalten. Man soll sich nicht von anderen Menschen in seinen Lebensplan hineinreden lassen oder sich in andere Lebenspläne einmischen.
Ignorieren wir diese geistigen Gesetze, handeln wir in einem von Bach sogenannten „geistigen Missverständnis“. Dadurch geht die Verbindung zu unserem höheren Selbst oder unserer inneren Führung verloren. Kosmische Kräfte und die eigenen Selbstheilungskräfte werden blockiert. Unsere Handlungsmuster verzerren sich. Diese Verzerrungen zeigen sich zuerst im Gemüt, z.B. kritisch sein, ängstlich sein, resignieren. Und, wenn sie nicht schon auf dieser Ebene erkannt und korrigiert werden, später auch im Körper.
Der Sinn von Krankheit ist, ein Zeichen zu setzen, dass ein Mensch von seinem wahren Lebensauftrag abgekommen ist, und ihm die Chance zu geben, wieder zurückfinden.
Das geniale Konzept von Dr. Bach ist nach meiner Kenntnis bisher die einzige Methode, welche die zwei wesentlichen Ebenen der menschlichen Existenz verknüpft: Die ideelle Ebene der Sinnsuche (durch die Aufklärung der geistigen Missverständnisse) mit der materiellen Ebene des „Haben-Wollens“. Die harmonischen energetischen Impulse der Bachblüten-Essenzen unterstützen den Menschen dabei, die auf der ideellen Ebene gewonnenen Erkenntnisse und Endscheidungen im praktischen Leben umzusetzen.
Dr. Edward Bachs Heilverfahren ist geprägt von C.G. Jungs Archetypenlehre, sowie seiner intensiven Beschäftigung mit der Homöopathie. Wieso postulierte Bach vor diesem Hintergrund betrachtet, anstatt dem in der Homöopathie zugrundeliegenden Similaritäts-Prinzip, ein komplementär wirkendes Heilverfahren, bei dem die Bachblüten als positiver Gegenpol zur Harmonisierung negativer Seelenzustände eingesetzt werden. Wann sollte man demnach Bachblüten, wann Homöopathie einsetzen?
MECHTHILD SCHEFFER: Edward Bach war ein Zeitgenosse Rudolf Steiners und C.G. Jungs, also Kind einer Zeitströmung, die neue Impulse über das Wesen des Menschen eingespeist hat. Dass er sich mit C. G. Jung beschäftigt hat, ist eher unwahrscheinlich. Auch Steiner hat er wahrscheinlich nicht gekannt. Ebenso wenig hat sich Bach ausgiebig mit der klassischen Homöopathie auseinandergesetzt, vielmehr hat er sein eigenes Konzept ohne Kenntnis der Homöopathie niedergelegt, um kurz danach in der Psora-Lehre von Hahnemann die geistige Bestätigung für seine eigenen Entdeckungen zu finden.
Zur Frage Bachblütentherapie und Homöopathie noch folgende Empfehlung: Gut kombinieren kann man Bachblüten mit homöopathischen Niedrigpotenzen oder Schüssler-Salzen, da beide auf verschiedenen Ebenen wirksam werden. Hochpotenz-Homöopathie und Bachblüten setzt man am besten im Wechsel ein.
Die Praxis zeigt: Ein Homöopath setzt Bachblüten ein, wenn er keine neuen Symptome mehr erkennen kann, aber das Gefühl hat, es lastet noch etwas auf der Seelen- oder Charakterebene.
Ich selbst, von der klassischen Homöopathie her kommend, habe Hochpotenzen eingesetzt, wenn die derzeit mögliche Harmonisierung auf der Seelenebene erreicht worden war und damit oft auch eine deutliche Besserung der chronischen Krankheitssymptome, aber hartnäckige körperliche Restsymptome einfach nicht weichen wollten. Hier kam es durch Gabe der entsprechenden Hochpotenzen dann zur endgültigen Ausheilung.
Ein essentieller Grundpfeiler der Bachblütentherapie ist die Intuition. Scheinbar zufällig wählt der Patient Fläschchen aus, um mit der Essenz sein seelisches Gleichgewicht wiederherzustellen. Was ist Intuition in diesem Zusammenhang überhaupt, bzw. was im Menschen artikuliert sich auf diese Weise? Worin unterscheidet sich Empfindung Ihrer Meinung nach vom Gefühl?
MECHTHILD SCHEFFER: Sie sagen es: Der essenzielle Grundpfeiler der Bachblütentherapie ist die Intuition, denn, wie nicht nur Bach sagt, unsere Seele, unser höheres Selbst oder unsere innere Führung spricht zu uns in der Sprache der Intuition. Intuition ist ein feinstofflicher Sinn, der nichts mit unseren Körpersinnen zu tun hat. Mit ihm nehmen wir innere Welten wahr, über ihn haben wir die Verbindung zu unserem Seelenauftrag und auch die Verbindung zum Kosmos. Diese Intuition liegt in einen weitaus höheren Schwingungsbereich als unsere normalen fünf Sinne. Darum ist ja das Ziel der Bachblütentherapie eine Erhöhung der Schwingungsfrequenz auf eben diesen Bereich, wo wir die Stimme unserer Seele hören können. Diese Intuition kommt auch zum Tragen, wenn man in der sogenannten Spontanwahl, aus einem Bachblüten-Set, ohne etwas Spezielles zu erwarten oder zu wollen, Fläschchen herausgreift. Man greift dann intuitiv nach der harmonischen Energie (in Fläschchen), die jetzt eine in uns blockierte Energie wieder ins Fließen bringt.
Die Unterscheidung zwischen Empfinden und Gefühl kann ich am besten verstehen, wenn ich mir klar mache, welche elementaren Wirkprinzipien beiden zugrunde liegen. Im Gefühl äußert sich das Wirkprinzip des Wassers, während das Empfinden sich aus dem Wirkprinzip des Erdelementes erklären lässt. Das Wasser ist etwas, das aus sich selbst heraus fließt, Gefühle sind Seins-Zustände, in denen wir uns befinden, wie z.B. Freude, Trauer, Resignation. Häufig spricht unsere Intuition zu uns durch unsere Gefühle.
Das Empfinden wird durch alles, was wir sinnenhaft mit den Nerven unseres Körpers wahrnehmen, ausgelöst, z.B. Schmerz, Lust und alle weiteren, von außen auf uns einwirkenden materiellen Reize. Missempfindungen können wir selbst beeinflussen, indem wir den auslösenden Reiz abstellen oder verändern, z.B. ein zu laut gestelltes Radio leiser drehen.
Es gibt viele theoretische Überlegungen zu diesen und anderen Unterscheidungen, z.B. dem Unterschied zwischen Emotionen und Gefühlen, Bauchgefühl und Intuition etc. Für die Arbeit mit den Bachblüten spielen diese theoretischen Unterscheidungen keine Rolle.
Alle Welt schwört auf die Notfalltropfen. Was macht diese Mischung so besonders?
MECHTHILD SCHEFFER: Im Gegensatz zu allen anderen 38 Bachblüten wirken die Notfalltropfen immer und bei jedem Menschen. Der Grund dafür ist, dass Bach mit dieser Mischung einen kollektiven Seelenzustand erfasst, den jeder Mensch kennt, egal welche Persönlichkeitsmerkmale er sonst hat. Dieser Zustand ist dann gegeben, wenn man in eine extreme Stresssituation oder in einen Ausnahmezustand gerät, wenn man sich selbst zu verlieren droht. Wann dieser Zustand eintritt, ist bei verschiedenen Menschen sehr unterschiedlich.
Bach nahm mit dieser Mischung die Erkenntnisse der Stressforschung (fight, flight and freeze) voraus.
70% aller Menschen, die sich mit Bachblüten befassen, nehmen bedauerlicherweise eigentlich nur die Notfalltropfen ein und lernen die tiefgreifenden Wirkungen der individuellen Bachblütentherapie nie kennen.
Der Schritt zwischen beidem ist offensichtlich zu groß. Deshalb habe ich in den letzten Jahren eine Zwischenstufe entwickelt, die auf den menschlichen Grundnaturellen aufgebaut ist.
Unter den Namen Reharmony (www.reharmony.org) entstanden sechs naturellgerechte Bachblüten-Mischungen, die sich als ganz persönliche Notfalltropfen sehr bewährt haben.
Wenn laut Bachblütentherapie körperliche Beschwerden mit „Charakterschwächen“ zu tun haben, lassen sich dann auch sämtliche Krankheiten auf das Verhalten des Erkrankten herunterbrechen? Tragen wir also immer „Schuld“ an unserem Leid?
MECHTHILD SCHEFFER: Ich bin Ihnen dankbar für diese Frage, denn hier gibt es auch unter Bachblüten-Anwendern große Missverständnisse, indem sie das Wort Schwäche moralisch interpretieren. De facto ist es aber von Bach neutral gemeint, ähnlich wie der Befund Blasenschwäche oder Bänderschwäche. Wir betrachten ganz nüchtern das System der 38 Bachblüten-Potenziale. Sind sie im harmonischen Zustand, kann man über sie verfügen und der Charakter ist stark. Sind mehrere blockiert oder verzerrt, wird der Charakter schwächer, weil der Mensch nicht mehr Zugriff auf seine angelegten Potenziale oder Ressourcen hat.
Krankheitsentstehung hat, wie wir wissen, viele Ursachen, z.B. genetische Veranlagungen, Umwelteinflüsse oder sogar Traumatisierungen, die über mehrere Generationen hinweg weitergegeben werden. Die heutigen Symptomträger haben nur noch die Missgefühle, wissen aber nichts mehr über das Trauma, das sie verursacht hat.
Bücher über die allgemeine Zuordnung von Krankheiten und Symptomen zu menschlichen Verhaltensmustern sind grundsätzlich interessant und anregend, aber nicht geeignet, um in einer persönlichen Krankheitssituation die richtige Bachblüten-Mischung herauszufinden. Im Bachblüten-Gespräch fragt man den Kranken nach den Gefühlen, die er in der jetzigen Situation in Bezug auf seine Krankheit hat. Zum Beispiel, jemand hat sich das Bein gebrochen. Ist er ungeduldig, weil er in seinen Aktivitäten gebremst wird (Impatiens)? Oder hat er ein schlechtes Gewissen, weil er anderen zur Last fällt und bestimmte Abmachungen nicht einhalten kann (Pine und Oak)? Oder ist er skeptisch, dass das Bein je wieder richtig funktionieren wird (Gentian oder Gorse)? So gehen viele Krankheiten zwar mit einem bestimmten Verhaltensmuster einher, aber wir tragen nicht grundsätzlich die Schuld an unserem Leid. Jedoch wäre es gut, eine Krankheit, soweit möglich, als Entwicklungsimpuls zu sehen und anzunehmen. Denn die ganze Evolution, auch unser menschliches System, ist bekanntlich auf Weiterentwicklung angelegt.
Es ist doch auffällig, dass viele erkrankte Menschen denken, sie hätten wegen eines bestimmten Vergehens die Strafmaßnahmen einer höheren Instanz verdient? Moral und Krankheit beißt sich jedoch bei näherem Blick oft. Scheinbar gute Menschen sterben an unheilbaren Krankheiten, „böse“ Zeitgenossen leben manchmal ein lasterhaftes und dennoch langes, lustvolles Leben. In wieweit greift bei Krankheiten das Kausalitätsprinzip überhaupt? Konstruiert der alte „Mustersucher“ Mensch Ereignisse nicht einfach nach seiner Fasson und baut sich seine Geschichte um die quälend im Raum stehenden Fragen?
MECHTHILD SCHEFFER: Es ist leider ein Erbe unserer westlichen Kultur, das wir nach dem Wort „Wir sind allzumal Sünder“ gerade schwere Krankheiten als Strafmaßnahme einer höheren Instanz sehen. Ich glaube, dass wir die Grundfrage, warum ein Mensch krank geworden ist, von unserer Warte aus letztlich nicht beantworten können, da die Entscheidungen für einen Lebensplan ja auf einer Ebene gefällt werden, die wir von unserer Raum-Zeitebene aus nicht überblicken können. Das so genannte Kausalitätsprinzip greift sicher manchmal, aber längst nicht immer. Jedoch könnte man sich Fragen stellen wie: Was gleicht ein Kranker in seiner jetzigen Existenz vielleicht mit dieser Krankheit energetisch aus? Oder, was trägt er durch seine Krankheit zur Entwicklung bestimmter Potenziale seiner Mitmenschen bei? Oder wieweit trägt er durch seine jetzige Krankheit zur Transformation einer kollektiven Fehlhaltung bei?
Ich folge Ihnen, wenn Sie sagen, der alte „Mustersucher“ Mensch konstruiert ständig Hypothesen um das, was quälend im Raum steht, für sich verkraftbarer zu machen. Die gute Nachricht ist hier: Die Energieimpulse der Bachblüten können die dabei auftauchenden Seelenzustände wie Verzweiflung, Skepsis, Ungeduld immer wieder harmonisieren bzw. die Verbindung zur eigenen Intuition stärken und der Rückkehr zum eigenen Seelenplan eine neue Chance geben.
Das Dr. Edward Bach Centre in England empfiehlt nur die von Bach entwickelten 38 Blütenessenzen und distanziert sich von allen Essenzen, die nach dem Tod Bachs entstanden sind. Wieso eigentlich? In England lebend, wird Bach in der Blütenauswahl auf seine Insel beschränkt gewesen sein. Für die Einwohner andere Regionen sind wohlmöglich die dort heimischen Pflanzen wirksamer. Ist diese Behandlungsmethode nicht zu sehr auf die Empfindungslage, Sichtweise und das Lebensumfeld Bachs ausgelegt und müsste man die Essenzen gerade deshalb nicht „kulturspezifisch modifizieren“?
MECHTHILD SCHEFFER: Um diese Frage richtig zu beantworten, muss man genau unterscheiden zwischen den 38 physischen Bachblüten-Essenzen und dem Repertoire der 38 archetypischen Seelenzustände, das Bach definiert hat. Letzteres kann man sich auch als eine Tonleiter menschlicher Verhaltensmuster vorstellen. Bach hat die Repräsentanten dieser Töne in 38 wilden Pflanzen und Bäumen seiner Umgebung gesucht und gefunden. Wäre er nicht in England sondern in einem anderen Land aufgewachsen, hätte er wohl dort andere heimische Pflanzen ausgewählt. Insoweit ist, wie Sie sagen, eine kulturspezifische Modifizierung der Essenzen möglich. Doch das gilt wohlgemerkt nur für die Pflanzen.
Ich habe mich schon vor Jahren mit dieser Frage auseinandergesetzt und die Schlüsselsymptome von etwa 400 nach Bachs Tod entstanden Blüten-Essenzen verglichen. Das Ergebnis war sehr interessant. Ich habe kein einziges neues oder ganz anderes Symptom entdecken können. Vielmehr waren die Schlüsselsymptome entweder identisch oder es handelte sich um eine Kombination von zwei bis drei Bachblüten-Schlüsselsymptomen, zum Beispiel „die Angst, einem anderen weh zu tun“ (Mimulus und Agrimony) oder „gebremste Kreativität“ (Cherry Plum und Clematis).
Das war ja gerade eine der großen Leistungen von Edward Bach: Ähnlich wie große Dichter und Maler hat er die menschliche Natur auf einer höheren archetypischen Ebene wahrgenommen und ein Repertoire der menschlichen Verhaltensmuster definiert. Diese Verhaltensmuster sind unabhängig von Raum, Zeit und Kultur. Eifersucht hat es immer gegeben und wird es immer geben, ob in Tokio, Nairobi oder Rosenheim. Wer sich Goethes Faust daraufhin durchliest, findet alle 38 Bach‘schen Seelenzustände darin wieder. Die menschliche Natur ist unendlich vielfältig. Jeder Mensch hat seine ganz eigenen Bachblüten-Akkorde oder Potenzial-Kombinationen. Das macht Bachblüten-Gespräche so spannend.
Mechthild Scheffer, Institut für Bachblütentherapie,
Eppendorfer Landstr. 32, D-20249 Hamburg, T: +43 (0)40 43257710, info@bach-bluetentherapie.de
oder in Österreich über:
Ingrid Haring, Seminare & Beratung, Pfeilgasse 29/14, A-1080 Wien, T:: +43 (0)1 53386400, bach-bluetentherapie@aon.at
Web: www.bach-bluetentherapie.com