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Nanotechnologie– Die großen Gefahren aus der Welt des Kleinsten

Antibakterielles Spielzeug, schmutzabweisende Kleidung: durch Abrieb gelangen schädliche Nanopartikel mit der Zeit in die Umwelt.Im Vergleich zu den High-Tech-Spielzeugen, die üblicherweise die Kinderzimmer überfluten, mutet der gute alte Legobaustein als pädagogisch wertvolles Bespaßungsutensil schon ziemlich antiquiert an. Dennoch zeigen die nach oben ragenden Umsatzkurven des dänischen Spielzeugherstellers, wie populär die bunten Plastikklötzchen unter Kindern und Jugendlichen nach wie vor sind, ja selbst in Erwachsenenkreisen ist Lego Kult und befriedigt dort unter anderem den pseudoreligiösen „Guinnessbuchwahn“ unserer Tage mit den größten, höchsten oder schnellsten Lego-Bauwerken! Offensichtlich gelang es Tischlermeister Ole Kirk Christiansen, mit seinen klobigen Quadern ein universelles Prinzip nachzuahmen und derart gut in die Spiellogik zu integrieren, daß die großen und kleinen Lego-Architekten zu Getriebenen einer nach Entfaltung strebenden Form mutieren und sich dabei als Entdecker und Schöpfer neuer Miniaturwelten fühlen! Die Möglichkeit, Systeme aus einzelnen Molekülen oder Atomen von unten nach oben aufzubauen, vom kleinsten Baustein beginnend also hin zu komplexen, neuartigen Strukturen, ist ein alter Menschheitstraum, auf dem wohl auch Legos Erfolg basiert und der vor Jahrhunderten schon in der Sehnsucht der Alchemisten Ausdruck fand, unedle Metalle durch den Einsatz des ominösen Steins der Weisen in Gold zu verwandeln. Aus demselben Grund gehören in vielen Science-Fiction-Filmen auch „Replikatoren“ zum Zukunfts-Inventar, Maschinen also, die auf Knopfdruck alle gewünschten Gegenstände oder Nahrungsmittel quasi aus dem Nichts materialisieren.

Schöpfung 2.0

Was nun, wenn man – um bei diesem Beispiel zu bleiben – das Lego-Baukastenprinzip tatsächlich weiter verfeinern, miniaturisieren, gar in den Mikrokosmos transferieren könnte? Man wäre damit in der Lage, Stoffe mit nie dagewesenen Eigenschaften zu kreieren, sie von der Pike auf, Atom für Atom anzuordnen, sprich, Materie nach Wunsch aufzubauen. Dagegen mutet das heute noch übliche Beschießen, Vermischen oder Verrühren von einigen Millionen Atomen eher wie ein chaotischer Streuschuß aus der Schrotflinte an!

Das kühne Ziel dieses Miniaturisierungstrends mündet in die Verwirklichung einer Universalmaschine, auch Nanoassembler oder Nanobot genannt, durch die es in einer fernen Zukunft möglich werden soll, chemische, molekularbiologische und physikalische Verfahren so zu kombinieren, daß kleinste künstliche Objekte möglich werden. Wo heute also mehr oder weniger große Produktionsanlagen, gängigen physikalischen Prinzipien gehorchend, für die Herstellung neuer Gegenstände zuständig sind, sollen in Zukunft programmierbare, sich selbst reproduzierende Molekularfabriken diese Arbeit übernehmen und Materialien mit derzeit noch utopisch erscheinenden Eigenschaften ausstatten. Laut Nobelpreisträger Richard Feynman, einem der bedeutendsten Vordenker im Bereich der Quantenphysik, ist die Nutzung der Nanotechnologie jedoch „[…] kein Versuch, irgendwelche [Natur-]Gesetze zu verletzen; es ist im Grunde genommen etwas, das getan werden kann, aber in der Praxis nicht getan worden ist, weil wir schlicht zu groß dafür sind.“

Auf diese Weise soll es möglich werden, im Körper patrouillierende Nanoroboter zu konstruieren, die Krankheitsherde autonom ausfindig machen und medizinische Präparate punktgenau ausschütten. Leuchtende Nanoteilchen, sogenannte Quantum Dots, würden in Kombination mit Antikörpern durch ihre fluoreszierenden Eigenschaften genau die Sequenz der DNA zum Leuchten bringen, die durch Umwelteinflüsse oder Viren beschädigt wurde. Nanoseile, um ein vielfaches leichter und strapazierfähiger als Stahl, kämen als Steigleitung für Weltraumaufzüge zum Einsatz, und auch die berühmte Tarnkappe ist dank der Nanotechnologie seit einiger Zeit ein Forschungsprojekt mit guten Erfolgsaussichten! Denkbar sind auch schußsichere Westen aus federleichtem Nanogel, die sich beim Anflug eines Projektils durch dessen elektromagnetisches Feld im Bruchteil eines Augenblicks zur stahlharten Panzerung wandeln würde. Nanowürfel, im Inneren bestehend aus Metallgerüsten mit riesigen Oberflächen, könnten bald schon große Mengen flüssigen Wasserstoffs einlagern und dadurch zum Energiespeicher der Zukunft werden.

In der Mikroelektronik lassen sich zwar nach wie vor erstaunliche Transistordichten und hauchdünne Schichtstrukturen realisieren, doch werden die Hersteller schon bald an Grenzen stoßen, die mit dem gängigen Lithographie-Verfahren nicht mehr zu überwinden sind. Will man den üblichen Fortschrittstakt im EDV-Bereich – die Verdopplung der Schaltkreise auf derselben Fläche alle zwei Jahre – aufrechterhalten, muß man die bisher digital ablaufende Computertechnologie in den Nanobereich führen und ihr dort das Rechnen mit quantenmechanischen Phänomenen „beibringen“. Hier könnten zum Beispiel zu Röhren geformte Kohlenstoffnanos, die 1000mal leitfähiger als Kupfer sind, für den Bau eines „Quantencomputers“ zum Einsatz kommen …

Gier frißt Hirn

Ob Lupe, Mikroskop oder der LHC-Teilchenbeschleuniger im Kernforschungszentrum CERN – mit jedem neuen Werkzeug, das Forscher tiefer in die Zusammensetzung der Materie, in den Bauplan der Natur blicken läßt, entstehen Visionen wie die oben aufgeführten, und mit ihnen bald auch neue Wirtschaftszweige, die mit kapitalen Heilsversprechen den Himmel auf Erden, also die Materialisierung großer Menschheitsträume anpreisen. Was an neuen „Wunderstoffen aus der Nanoküche“ letztlich aber beim Verbraucher angespült wird, sind derzeit oft allzuschnell auf den Markt geworfene „Glasperlen mit Glitzereffekt“, also äußerst fragwürdige Nanoprodukte. Gerade bei den „Baumarkt- und Supermarktnanos“ werden Zusätze – Stichwort: Lotusblüteneffekt – als ganz profane Imprägnierung aufgestrichen oder besprüht. Was allerdings derart einfach auf die Oberfläche eines Gebrauchsgegenstandes angebracht werden kann, löst sich dort auch wieder relativ leicht und lagert sich infolge über Haut, Mund oder durch Inhalation … im Menschen ab! Die Erforschung der Langzeitfolgen für die bereits auf dem Markt befindlichen Nanoartikel wird voraussichtlich noch viele Jahre in Anspruch nehmen. Erste Studien geben aber schon jetzt Grund zur Besorgnis!

Wer jedoch oben beschriebene Hoffnungen schürt, kann sich freilich auch Mahner und Kritiker leisten, selbst vor dem allseits bekannten Hintergrund, daß in der Vergangenheit jede neue Leittechnologie, die ohne kritischen Diskurs und politisch verantwortliche Einflußnahme einzig aus Profitgier auf die Menschheit losgelassen wurde, stets fatale „Kollateralschäden“ mit sich gebracht hat! Nach der Atomkraft und der Gentechnologie nun also die Nanotechnologie: Wieder gibt es große Visionen, spektakuläre Prognosen, und wieder wird alles als „ganz sicher“ dargestellt. Doch es lohnt sich, die von Kritikern aufgeführten Gefahren näher zu betrachten. Zunächst jedoch: Wann überhaupt wird ein Teilchen eigentlich „nano“?

Die Erschließung der „Nanosphäre“

Das aus dem Griechischen stammende Wort „Nano“ nimmt es eigentlich schon vorweg, denn selbst in mikrokosmischen Maßstäben sind die „Zwerge“ noch winzig klein. Der Skalenbereich eines als Nano deklarierten Partikels erstreckt sich üblicherweise von 1 nm bis 100 nm, wobei 1 nm dem milliardensten Teil eines Meters entspricht, einer Strecke also, auf der etwa 20 Atome Platz finden. Oder, um es ein wenig griffiger zu machen: In den Punkt am Ende dieses Satzes passen mehr als zehn Billionen Nanopartikel.

Das entscheidende Werkzeug für die ersten Schritte in der Nanospähre war das vom Physiker-Duo Gerd Binnig und Heinrich Rohrer konstruierte Rastertunnelmikroskop (RTM), mit dem erstmals der atomare Bereich „sichtbar“ gemacht werden konnte. Mit dem 1986 von Binnig weiterentwickelten Rasterkraftmikroskop stand den Forschern bald darauf das für den Nanobereich eigentlich revolutionäre Instrument zur Verfügung. Im Gegensatz zum RTM konnte dieses Gerät nämlich nicht nur Atome visualisieren, sondern auch „aufgreifen“ und horizontal verschieben! Mit solch einem Mikroskop ausgestattet, gelang es den beteiligten Wissenschaftlern noch im selben Jahr, die drei Buchstaben im Logo ihres Arbeitgebers IBM mit nur 35 Xenon-Atomen nachzubauen. Sie konstruierten in diesen Dimensionen also das erste künstliche Objekt, das nicht aus den Selbstorganisationskräften der Natur entstand, sondern einzig aus dem Willen des Menschen hervorging …

Die Besonderheit der in diesem Größenbereich angesiedelten Teilchen liegt in den hier auftretenden quantenmechanischen Effekten. Nanotechnologie ist also, wenn man so will, angewandte Quantenphysik! Im Gegensatz zu Festkörpern desselben Materials weisen Nanopartikel dadurch völlig andere chemische und physikalische Eigenschaften auf, die für neuartige Materialien oder zur Umgestaltung schon bekannter Werkstoffe hochinteressant werden können. Die Euphorie im Lager der Forscher und Ingenieure erscheint angesichts dieser Möglichkeiten verständlich, ist man doch daran, alle kulturellen Innovationen der letzten Jahrhunderte mit einem hochauflösenden „Baukasten“ aufs neue zu erfinden. So werden Werkstoffe, Bauteile oder Maschinen möglich, die das Beste beider Welten kombinieren und den oft paradox anmutenden Kosmos der kleinsten Teilchen mehr oder minder in die makroskopische Welt transferieren!

Warum Nanopartikel gefährlich werden können …

Was auf der einen Seite spektakuläre Erfindungen möglich macht und auf lange Sicht durchaus Chancen für Mensch und Umwelt bietet, kann jedoch schon bei minimalen Modifikationen der Nano-Struktur derart kippen, daß ein zuvor nutzbringender Stoff plötzlich über gesundheitsgefährdende Merkmale verfügt! Dieses so sensibel reagierende und dabei breitgefächerte Eigenschaftsspektrum hat neben den bereits erwähnten quantenphysikalischen Effekten auch mit der im Vergleich zu makroskopischen Stoffen riesigen Oberfläche eines Nanomaterials zu tun. Zermahlt man zum Beispiel ein Stück Kohle zu feinem Staub, so wird die Anzahl der Teilchen bei gleichbleibender Menge an Kohle größer. Die Verkleinerung des Materials bewirkt, anders ausgedrückt, daß die wirksame Gesamtoberfläche sich bei gleichem Volumen vervielfacht und mehr Atome mit der Umgebung in Berührung kommen. Die Konsequenz: An sich ungefährliche Stoffe werden im Nanozustand extrem reaktionsfreudig, sie weisen dadurch eine höhere biologische Aktivität und ein stärkeres katalytisches Verhalten auf. Ein Stück Kohle verbrennt aus diesen Grund langsam, Kohlestaub hingegen explosionsartig.

Zu dieser Tatsache kommt erschwerend hinzu, daß der hier wirkende Oberflächeneffekt je nach Größe des Teilchens variiert; dasselbe Teilchen ruft also bei unterschiedlichen Größen völlig verschiedenartige Reaktionen hervor! Die unzähligen Kombinationsmöglichkeiten, zu denen sich neben der Größe der Nanoteilchen noch Parameter wie die Form der Partikel, elektrische Ladung der Oberfläche oder Löslichkeit der Teilchen hinzugesellen, machen deshalb eine Gefahrenklassifizierung äußerst kompliziert, da im Grunde jedes derart veränderte Nanomaterial eine eigene, individuelle Gesundheits- und Risikobewertung nötig macht.

Gefahren für Gesundheit und Umwelt

Trotz der momentan noch sehr schwammigen Informationslage zur Gefährlichkeit von Nanopartikeln ist eines klar: Immer wenn Nanopartikel nicht fest in der Struktur eines Stoffes gebunden sind, kann ein direkter Kontakt mit, und meist auch eine Aufnahme von Nanomaterialien stattfinden … und nahezu alle Nanopartikel, mit denen es Verbraucher heute zu tun haben, sind nicht fest gebunden! Spielzeug, das mit antibakteriell wirkenden Nanomaterialien behandelt ist; Verpackungen, die Obst oder Gemüse über viele Tage haltbar machen, Lebensmittel, deren Konsistenz durch Nanopartikel verändert wurde; schmutzabweisende Kleidungsstücke oder Oberflächenversiegelungen von Autos, irgendwann werden die darin nur äußerlich gebundenen Nanoteilchen durch mechanischen Abrieb gelöst und gelangen in die Umwelt. Brisant wird diese Tatsache, wenn man sich klarmacht, daß Nanopartikel körpereigene Schutzbarrieren wie Schleimhaut, Blut-Hirn-Schranke, Haut oder Plazenta überwinden und dabei Entzündungen, Erbgutschäden oder gar Krebs hervorrufen können. Je kleiner ein Nanoteilchen dabei ist, desto besser kann es in den Organismus eindringen, bei Teilchengrößen unterhalb von 70 nm stellt selbst der Weg bis in den Zellkern kein Problem mehr dar. Experimente mit Mäusen beweisen beispielsweise, daß die DNA der Tiere und die für die Zellatmung verantwortlichen Mitochondrien durch einwirkende Nanopartikel empfindlich gestört werden.

• Nanosilber in Gewässern
Das wegen seiner keimtötenden (bioziden) Eigenschaften vielfach verwendete Nanosilber ist immer dann im Einsatz, wenn verhindert werden soll, daß sich zum Beispiel an Socken, Sporthemden, Küchenbrettern oder unter Pflastern Bakterien vermehren. Leider kann sich auch diese nanoskalige Beimengung recht schnell vom Trägermaterial lösen und so ins Abwasser und in die Kläranlage gelangen. Zwar haben Schweizer Forscher aktuell bewiesen, daß sich der größte Teil dieser Silber-Nanopartikel im Klärschlamm ablagert, dennoch gelangen am Ende etwa fünf Prozent des Nanosilbers in Gewässer und beeinträchtigen die Entwicklung von Jungforellen, Kleinkrebsen, Algen und anderen Mikroorganismen. Auf diese Weise reichern sich die Silberteilchen in der Nahrungskette an.

• Nanopartikel in Druckertonern
Seit einiger Zeit sind auch Partikel aus Kopierern und Laserdruckern ins Gerede gekommen, da sie im Verdacht stehen, in die Lunge oder Blutbahn zu gelangen. Forscher des Freiburger Universitätsklinikums konnten 2010 nachweisen, daß die Emissionen dieser Geräte zu genetischen Schäden an Lungenzellen führen. Laut der Studie beeinflußt demnach die Tonerfarbe, das Alter der Geräte, der Wartungszustand und sogar das Druckerpapier die Emissionswerte! Glaubt man der „Interessengemeinschaft der Tonergeschädigten“, so leiden alleine in Deutschland über 2.000 Menschen unter erheblichen gesundheitlichen Problemen aufgrund von Tonerstäuben. Der in diesem Zusammenhang geprägte Begriff der „Nanopathologie“ beginne demnach meist mit extrem langanhaltenden Erkältungssymptomen, Metallallergien, Entzündungen der Augen und Haut, gefolgt von chronischer Bronchitis oder Sinusitis, die bis zu asthmatischen Beschwerden oder einer teilweisen Schädigung der Bronchien führen kann.

• Elektrosmog und Nanopartikel
Für die Umweltmedizinerin Dr. Barbara Dohmen könnte es durch eine unheilvolle Korrelation zwischen Metallstäuben (Nanopartikel mit metallischer Ummantelung) und Funkwellen zu einer Beschleunigung bestimmter Krankheitsverläufe kommen! Jede Funkwelle, so Dr. Dohmen, „[…] dockt wie bei einer Antenne an den Metallionen der Nanopartikel an und intensiviert deren bereits schon schädlichen Einfluß, macht sie also noch aggressiver. Diese Ionen alleine richten schon als freie Radikale im Körper Schaden an, da sie in der Zelle für winzige Entzündung sorgen. Durch die Funkwelle erhält dieser Störherd noch neue Energie, die zusätzlich auf die geschädigte Stelle des Organismus\‘ einwirkt. Funkwellen enthalten auf der energetischen Seite aber auch schädigende Informationen, die von den Zellkernen wie ein Morsecode empfangen und dechiffriert werden. Je nach Informationsgehalt kann das auf die Dauer krank machen. Das Ganze wirkt wie ein störender Fremdkörper auf die körpereigenen Informationen, welche ja auf demselben Übertragungsprinzip beruhen.“

Aufgrund der immensen Verbreitung dieser kleinen Teilchen ist es ratsam, sich die Namen der am häufigsten im industriellen Gebrauch befindlichen Nanopartikel einzuprägen …

Nanopartikel, die man kennen sollte

Aufgrund der immensen Verbreitung dieser kleinen Teilchen ist es ratsam, sich die Namen der am häufigsten im industriellen Gebrauch befindlichen Nanopartikel einzuprägen und beim nächsten Einkauf darauf achtzugeben, ob sich diese Stoffe im Produkt der Wahl befinden. Bislang war es nicht möglich, auf solche Informationen zuzugreifen, dies ändert sich jedoch im Laufe der nächsten Monate mit der Deklarationspflicht für Kosmetika und Lebensmittel.

• Damit Lebensmittel weder verklumpen noch an der Verpackungsflasche kleben bleiben, verwendet die Lebensmittelindustrie häufig Riesel- und Fließhilfsmittel, die aus nanoskaligem Siliziumdioxid, auch bekannt als Kieselsäure oder E551, bestehen und unter anderem in Ketchup, Kochsalz, Gemüsepulver und -⁠brühen, Gewürzmischungen oder Puderzucker zu finden sind. Da selbst in Zahnpasten mittlerweile Nanosilber verwendet wird, können die Partikel neben den aufgezählten Möglichkeiten auch beim Zähneputzen über den Mund in den Körper eindringen. Die Teilchen wandern dabei vom Magen-Darm-Trakt in die Blutbahn und gelangen von dort aus in die Organe. Nanoskaliges Siliziumdioxid, das auch in sehr vielen Medikamenten als Arzneiträgerstoff verwendet wird, soll zudem im Zytoplasma und in den Nervenzellen Schadproteine, sogenannte Amyloide anreichern, die – so die Vermutung – Ursache für neurodegenerative Erkrankungen wie Alzheimer, Parkinson oder Demenz sind. Bei Tierversuchen mit Ratten führte die Inhalation von Nanosilber ebenfalls zu Entzündungsprozessen in der Lunge.

• Im Lebensmittelbereich werden oft Aluminiumsilikate verwendet, um Verklumpungen in Pulvern und Granulaten zu verhindern, während Titandioxid beim Bleichen und Aufhellen von Süßwaren, Käse und Soßen benützt wird. Neben dem Nanosilber ist Titandioxid wegen seiner exzessiven Verwendung in Kosmetika einer der am häufigsten eingesetzten Nanostoffe. Allerdings löste inhaliertes Nano-Titandioxid in Versuchen an Tieren Lungenkrebs aus. Es wird deshalb von der Weltgesundheitsorganisation als potentiell krebserregend eingestuft. Bei Tierversuchen konnte nachgewiesen werden, daß schwangere Mäuse eingelagertes Nano-Titandioxid an ihren Nachwuchs weitergeben, wodurch Föten zur Welt kommen, deren Hirn- und Nervensystem Schädigungen aufweisen. Verschiedene wissenschaftliche Studien kamen außerdem zu dem Ergebnis, daß Nano-Titandioxid und Nano-Zinkoxid photoaktiv sind und freie Radikale produzieren. Diese können Schäden an der DNA verursachen, insbesondere, wenn die Haut UV-Licht ausgesetzt ist.

Ohne Barrieren in den Körper …

Natürlich kann auch ein so großes und „kontaktfreudiges“ Organ wie die Lunge zum Einfallstor nanoskaliger Partikel werden. Bislang schaffte es der Mensch im Laufe der Evolution offensichtlich, die natürlichen, durch Waldbrände, Vulkanismus, Pilzsporen oder Pollen auftretenden Nanopartikel in der Luft gut zu kompensieren; die stark ansteigende Feinstaubbelastung durch Verbrennungsmotoren, die zunehmende Luftverschmutzung durch den Abrieb von Bremsen, Reifen und Dieselruß, aber auch der zunehmende Gebrauch von Nanosprays oder Laserdruckern stellen den Organismus des Menschen jedoch vor immer schwerere Aufgaben. So führt die Menge an Nanopartikeln, die sich in der smogverpesteten Luft von Großstädten befindet, zu einem markanten Anstieg an Erkrankungen. Außerdem scheinen einige Studien einen Zusammenhang zwischen Herzinfarktrate und Feinstaubbelastung zu belegen. Normalerweise sollten die für die Reinigung der Lungen zuständigen Freßzellen solchen Eindringlingen den Garaus machen; da Nanopartikel allerdings von den körpereigenen Abwehrzellen in vielen Fällen nicht erkannt werden, gelingt es den Teilchen, bis ins Herz oder in die Lungenbläschen vorzudringen. Inzwischen konnte nachgewiesen werden, daß die auf diese Weise inhalierten Stoffe über die Riechschleimhaut aufgenommen werden, dabei die Blut-Hirn-Schranke überwinden und sich bald darauf im Gehirn anreichern.

Bislang ging man davon aus, daß gesunde Haut, im speziellen die Hornhaut des Menschen, eine natürliche Barriere gegen das Eindringen von Nanopartikeln sei. Eine von Prof. Baroli an der Universität Cagliari/Sardinien neu durchgeführte Studie beweist nun aber, daß Nanopartikel sehr wohl bis in tiefe Hautschichten einzudringen vermögen. Die als sicher geltende Hornschicht der Oberhaut konnte bei jeder der durchgeführten Testreihen ohne weiteres durchdrungen werden. So können Nanopartikel über die Hornhaut sowie über Haarwurzeln in die Haut eindringen, dort zur Schädigung der Zellen durch Radikalbildung führen und möglicherweise Hautallergien auslösen.

Entgiftung durch „Abstinenz“

Offensichtlich kann ein gesunder Organismus mit einer bestimmten Menge an Nanopartikeln umgehen, ohne dabei nennenswerte Beeinträchtigungen zu erfahren. Sobald es aber zur Dauerbelastung oder Überschreitung bestimmter Nanopartikel-Konzentrationen kommt, werden die neuartigen Stoffe zum Problem für den Körper! Wie der Abbau im Organismus vor sich geht, ob die Teilchen eventuell verklumpen und dann von der körpereigenen Abwehr erkannt, ummantelt und neutralisiert oder ausgeschieden werden, ist noch unerforscht. Im Tierversuch zeigte sich jedoch eine Abnahme der Nanoteilchen-Konzentrationen nach einer gewissen Zeit der „Nano-Abstinenz“. Wer allerdings auf Ausleitungskuren oder spezielle Wunderpräparate hofft, muß – nach dem aktuellen Stand der Dinge – enttäuscht werden.

Die beispiellose Technologie-Gläubigkeit

Bislang lautete die Kernforderung der Umweltverbände an die Bundesregierung: „No data, no market!“ – „Keine Daten, kein Markt!“ Ein Produkt, für das nicht alle Daten offenliegen, soll nicht auf den Markt kommen dürfen. Außerdem sollten alle auf dem Markt befindlichen Nanomaterialien chemikalienrechtlich neu eingestuft und eine Kennzeichnungspflicht geschaffen werden. Wenngleich die Kennzeichnungspflicht nach langem Kampf in Kraft getreten ist, blieben Forderungen nach einem Moratorium ungehört. Denn für die Industrie steht viel auf dem Spiel. So wird das heutige Weltmarktvolumen von Nanoprodukten auf mehrere hundert Milliarden Euro geschätzt; bis 2015 soll dieser Markt sogar vierstellige Milliardenbeträge erwirtschaften!

Gemäß dem Grundsatz „Einem Phantom kann man keine Ketten anlegen“ prescht die Industrie seit zwei Jahrzehnten auf den Markt und schafft dabei unumkehrbare Tatsachen. Inmitten einer gesellschaftlich nur langsam voranschreitenden Technologiefolgeabschätzung errichtet man – quasi auf der grünen Wiese – einen für viele Länder unverzichtbaren Multimilliarden-Markt, obwohl es für viele Nanomaterialien nach wie vor kaum Langzeitstudien zur Bewertung möglicher Gefahren gibt! Die Sicherheitsdebatte hat deshalb inzwischen recht absurde Dimensionen angenommen, denn die Regale sind voll mit unzähligen, teils offen beworbenen, meist aber nicht einmal genau deklarierten Nanoprodukten, während es an gesetzlichen Rahmenbedingungen, Grenzwerten, speziellen Arbeitnehmer- und Verbraucherschutzbestimmungen fehlt, geschweige denn, daß ein dezidiertes Wissen über die Toxizität einzelner Nanobestandteile vorhanden wäre. Erschwerend kommt noch hinzu, daß aufgrund der extremen Dimensionen das Ausfindigmachen solcher Partikel der berühmten Suche nach der Nadel im Heuhaufen gleicht! Selbst wenn also Behörden Inhaltsstoffe im Rahmen eines Ermittlungsverfahrens suchen wollten – ohne die Kooperation der Firmen wären ihnen die Hände gebunden.

Daß nun die Politik in Deutschland mit einer Deklarationspflicht für Kosmetika und mit einer 2014 in Kraft tretenden Kennzeichnungspflicht aller in Lebensmittel beigemengten Nano-Zutaten reagiert, zeigt die immer deutlicher zutage tretende Brisanz der Materie …!

Und viele Unternehmen haben offenbar ein Interesse daran, die nebulöse Situation so lange wie möglich im Graubereich zu belassen, denn was nicht durch Gesetze und Bestimmungen reguliert wird, ist natürlich auch keinerlei Beschränkung oder gar Haftung unterworfen! Daß nun die Politik in Deutschland mit einer Deklarationspflicht für Kosmetika und mit einer 2014 in Kraft tretenden Kennzeichnungspflicht aller in Lebensmittel beigemengten Nano-Zutaten reagiert, zeigt die immer deutlicher zutage tretende Brisanz der Materie, die in einigen Bereichen ein wenig an die Asbestthematik erinnert!

Leider scheint sich aber auch das Gros der Verbraucher wenig Gedanken um diese Problematik zu machen – solange Handys Fingerfett abweisen, ist alles okay! Diese kampflose Übertragung der Verantwortung und Aushöhlung individueller Werte fußt wohl auf einem merkwürdigen, heute weitverbreiteten Menschenbild, Bewußtsein radikal auf das zu reduzieren, was technisch machbar ist. Somit gibt die Technik mittlerweile vor, welche Fragen unser Interesse anregen. Oder anders ausgedrückt: Interesse meldet sich nur dann zu Wort, wenn Technik spezielle Lösungswege erfordert! Aufgrund dieser beispiellosen Technologiegläubigkeit stellt sich – frei nach dem Technikphilosophen Prof. Klaus Kronwachs – die Frage: Haben wir tatsächlich die Technik, die wir brauchen – und brauchen wir die Technik, die wir haben?

Man muß nicht in Kulturpessimismus verfallen, sollte aber auch nicht seine Kritikfähigkeit an einem (nanobeschichteten) Kleiderbügel ablegen …

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