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Nur eine kleine Bank – Fritz Vogt

Fritz Vogt, der Geschäftsführer der kleinsten Bank Deutschlands (Landkreis Schwäbisch-Hall) ist Raiffeisenbanker in Reinkultur – und Kämpfer gegen das „Diktat des Kapitals in der Welt“.

Herr Vogt, gibt es nun Taliban-Kunden in Ihrer Bank oder nicht?

Fritz Vogt (lacht): Sie meinen, weil die Raiffeisen-Zentrale aufgrund der Anschläge des 11. September unsere Dorfbank aufforderte, den Kundenbestand nach Taliban-Konten zu durchforsten? Nein, es gibt noch immer keine derartigen Konten bei uns, wir können alle beruhigt schlafen! Meine spitzfindigen Bemerkungen zu dieser Posse waren damals eher ein Affront gegen den überbürokratisierten Verwaltungsapparat. In dem Dokumentarfilm „Schotter wie Heu“, der zu dieser Zeit gedreht wurde, waren die Telefongespräche mit der Zentrale auch die Lachnummer des Streifens, da den Zuschauern im Gegensatz zur Verwaltung klar war, daß man in unserer Filiale überhaupt erst ein Konto eröffnen kann, wenn man in Gammesfeld lebt!

Sie erscheinen für viele wie ein Rebell aus dem bekannten gallischen Dörflein, der sich der cäsarischen Annexion widersetzt. Worin besteht denn Ihre Rebellion?

Fritz Vogt: Ganz einfach ausgedrückt: gegen das Diktat des Kapitals in der Welt schlechthin! Im Laufe meines Berufslebens kam ich zu der Überzeugung, daß das internationale Kapital an allem Unheil in der Welt schuld ist! Die Tätigkeit in der Gammesfelder Bank trug viel zu dieser Erkenntnis bei, denn je kleiner die Einrichtung, desto deutlicher die zugrundeliegende Problematik. Geld kann nicht nur den Einzelmenschen auf eine ganz unheilvolle Art beeinflussen, sondern auch politische Systeme, ja Denkweisen ganzer Generationen! Mittlerweile denke ich, daß das Weltkapital, also die unglaubliche Kapitalmenge, die sich im Umlauf befindet und nicht mehr an Wirtschaften oder Güter gekoppelt ist, „bestenfalls“ zu den platzenden Finanzblasen führt, wie wir sie in letzter Zeit erlebt haben. Schlimmstenfalls jedoch, und hier liegt meine Furcht für die Zukunft begraben, können diese wertlosen Irrsinnszahlen am Ende auch in Kriege münden! Bei genauerer Betrachtung waren die Kriege der Vergangenheit nämlich fast ausschließlich Wirtschaftskriege, da ging es um nichts anderes als den Begriff Haben, um Besitz! Selbst wenn kein Krieg mit Bomben und Granaten entsteht, dann entwickelt sich aus dem Überdruck des Kapitals meist ein nicht minder schlimmer Wirtschaftskrieg, welcher der Vorläufer eines reellen Krieges sein kann. Im Augenblick tobt sogar ein ganz massiver „Weltwirtschaftskrieg“! Solche Erkenntnisse haben mich hier im Herzen des Finanzwesens dazu bewogen, direkt bei meiner Tätigkeit mit dem Geld Widerstand zu leisten!

Angesichts der Geschehnisse der jüngsten Zeit verstehen nun auch die einfachen Sparer langsam, wie groß die Illusion unseres Geldsystems ist.

Fritz Vogt: Ja! Immer mehr Menschen verstehen beispielsweise, daß man den blind wütenden Kapitalströmen auf der Welt einen Riegel vorschieben muß, um das Geld in seinem eigentlichen Realwert zu erhalten. Der eigentliche Wert des Geldes verdünnt sich ja mit den inhaltslosen Beimengungen des globalen Geldgeschäftes immer mehr!

Ich habe einmal gelesen, daß Sie als Bankdirektor bekennender Antikapitalist seien …

Fritz Vogt:Zu allererst einmal wäre es eine Beleidigung, wenn man mich als Bankdirektor bezeichnen würde! Der Geschäftsführer einer Kreditgenossenschaft – so würde ich mich bezeichnen – ist etwas völlig anderes als ein Bankdirektor! Der Bankdirektor muß möglichst viel von dem Geld, das ihm die Kunden anvertrauen, für sich und die Bank behalten; in der Genossenschaft ist das genau umgekehrt! In der Genossenschaft wird das Geld nur verwaltet und gehört den Kunden. Der Auftrag der Kreditgenossenschaft ist es demnach, den Kunden zu fördern! Ich habe vor etlichen Jahren einen Text von einem portugiesischen Schriftsteller [Anm. der Redaktion: Fernando Pessoa] mit dem Titel „Der anarchistische Bankdirektor“ in die Hand bekommen. Die Grundlage ist ein faszinierender Dialog zwischen einem Bankdirektor und seinem Freund. Der Bankdirektor beschützt demnach das Geld der hart arbeitenden Menschen vor dem Einfluß der Spekulanten, die damit Mißbrauch treiben wollen. Das Geld darf somit also nicht regieren, darf nicht zum anonymen Herrscher werden, und wenn man sich wie dieser Direktor einem Diktat, nämlich dem Diktat des Geldes, mit all seinen geschriebenen und ungeschriebenen Gesetzen entzieht, dann nennt man das eben Anarchie!

Und warum bezeichnen Sie sich als Antikapitalist?

Fritz Vogt: Bei differenzierter Betrachtung zeigt sich doch, daß Geld und Kapital zweierlei Qualitäten haben. Geld ist das, was als Zahlungsmittel im Umlauf ist, was verdient und auch wieder ausgegeben wird, kurz: der Gegenwert meiner Arbeitsleistung. Wenn dieses erarbeitete Geld jedoch von der Finanzwirtschaft abgezweigt wird und dann durch aufwendige Spekulationsgeschäfte sich irgendwie „selbst vermehrt“, ohne daß tatsächliche Arbeit dahintersteckt, dann sprechen wir von Kapital. Dagegen bin ich als Antikapitalist! Ich möchte nur mit dem Geld zu tun haben, das wirklich einen wirtschaftlichen, erarbeiteten Wert besitzt. Man hört ja immer wieder: „Geld arbeitet!“ – „Ich laß’ mein Geld für mich arbeiten.“ Geld arbeitet doch nicht! Der Mensch arbeitet, das muß doch klar sein! Für mich ist Kapitalismus deswegen Diebstahl an der Allgemeinheit, nicht mehr und nicht weniger! Das ist ethisch nicht zu rechtfertigen.

Henry Ford sagte einmal: „Würden die Menschen verstehen, wie unser Geldsystem funktioniert, hätten wir eine Revolution – und zwar schon morgen früh!“ Das jetzige Geldsystem begünstigt tatsächlich durch die rasante Zins- und Zinseszinsdynamik nur diejenigen, die eh schon viel Geld haben. Der Staat und mit ihm die Bevölkerung geraten durch die Verzinsung der Schulden in einen Teufelskreis. Es ist ja kein Geheimnis, daß verzinstes Geld exponentiell wächst. Ein Kollaps der Volkswirtschaften scheint damit vorprogrammiert. Was kann man gegen diese Problematik tun?

Fritz Vogt: Ein interessanter Lösungsansatz ist zum Beispiel das Regionalgeld, und eine andere altbekannte Idee, auf die ich hier im Hause natürlich baue, ist das Raiffeisenprinzip. Die von Ihnen angesprochene Problematik hat Ferdinand Raiffeisen ja bereits vor 150 Jahren erkannt. Sein damaliger Lösungsansatz gleicht dem des Nobelpreisträgers Mohammed Yunus in Bangladesh, der sogenannte Mikrokredite ausschließlich an Arme vermittelt. In diesem Vertragsverhältnis schaffen es die Menschen auch, ihre Schulden aus eigener Kraft zurückzubezahlen, da das System auf Fairneß basiert – das ist wahre Hilfe zur Selbsthilfe. Übrigens ist die Ausfallquote dieser Kredite verschwindend gering, viel besser als bei uns in den reichen Staaten! Man darf als privilegierter Gläubiger keinen Wucher betreiben und die Hilfsbedürftigen noch weiter in ihr Joch zwängen, indem man durch die Zinsen viel mehr zurückverlangt, als man je zu helfen bereit gewesen wäre. Man muß den Menschen im Gegenteil eine echte Chance, eine Perspektive bieten, daß sie die erhaltene Unterstützung auch zurückzahlen können. Mich persönlich beeindruckt besonders das alte Raiffeisen-Credo: Geld muß dienen! Im Gegensatz dazu herrscht das Geld im Kapitalismus! Ein großer Unterschied. Geld darf weder in den Gedanken noch in der Tat herrschen, das wird ansonsten schnell gefährlich für alle. Ich habe dieses Raiffeisenprinzip 40 Jahre lang gelebt. Raiffeisen kann man nämlich nicht studieren oder erlernen, sondern nur leben und praktizieren.

Welche Eckpunkte müßte eine bessere Finanzwirtschaft aufweisen?

Fritz Vogt: Ich persönlich finde in den Gedanken Raiffeisens hierzu alle wichtigen Hinweise. Die Raiffeisenidee verwirklichen, heißt an fünf Punkten Widerstand leisten: Widerstand gegen Monopolkapital, gegen Bürokratie und Behördenwillkür, gegen eine Entsolidarisierung der Gesellschaft, gegen den Technik- und Machbarkeitswahn und gegen den Gigantismus unserer Zeit! Es muß doch nicht immer alles noch größer, noch moderner werden. Warum eigentlich? Je mehr Macht ein einzelner Mensch hat, desto stärker zeigt er diktatorische Tendenzen. Der Mensch wird durch eine Ansammlung von Geld zum Machtmißbrauch verführt. Mit Geld kann man Macht ausüben, das widerspricht dem Raiffeisenprinzip. Herr Raiffeisen wußte, daß Geld den Charakter verdirbt. Deswegen legte er damals auch fest, daß eine Kreditanstalt nicht größer sein darf als eine Kirchengemeinde und jedes Dorf sein eigenes Kreditinstitut haben muß, damit das Geld auch im Dorf verbleibt und nicht in einen großen Glasturm nach Frankfurt oder wohin auch immer wandert! Das Bankhaus verwaltet nur das Geld im Auftrag der Kunden, nicht mehr! Klein bleiben, verantwortlich mit Geld umgehen und die Nähe zum Bürger – das war das Wesentliche des Bankgeschäftes nach Raiffeisen. Ich muß doch letztlich Vertrauen zu der Person haben, der ich mein sauerverdientes Geld anvertraue! Zu einer fremden Person in einer weit entfernten Zentrale kann ich halt kein Vertrauen aufbauen. Derjenige, der das Geld verwaltet, muß aber wiederum auch seine Kunden kennen! Wie lebt der Kunde? Kann ich diesem Menschen Geld anvertrauen? Ist er redlich? Das Wesen einer Genossenschaftsbank ist eben die Bürgernähe.

Wir mokieren uns zwar gerne über die Mentalität der Banker, wollen aber gleichzeitig für unsere Einlagen auf dem Sparbuch selbst auch möglichst hohe Zinsen haben, ohne uns dabei zu fragen, wie diese wundersame Vermehrung zustande kommt, wer sie also bezahlt oder erarbeitet. Es herrscht eine große Gier in der Welt. Sie brachten in einer TV-Diskussion bei Sandra Maischberger sogar das Artensterben und die globalen Umweltprobleme mit der „Gier des Geldes“ in Zusammenhang …

Fritz Vogt: Interessant war ja, daß Frau Maischberger meinen Einstieg sofort abfing, da sie der Meinung war, die globale Umweltzerstörung wäre ein eigenes ökologisches Thema, zu dem man eine separate Sendung machen müßte! In solchen Sparten denken viele. Man kann doch aber nicht bestreiten, daß Ökonomie und Ökologie untrennbar miteinander verbunden sind! Das reine Profitdenken ist der Feind der Ökologie, ja des Lebens! Wenn man nur nach Profit und Ausbeutung trachtet, dann zerstört man alles Lebenswerte, da man nicht mehr die unmittelbare Welt vor Augen hat, sondern nur noch das Wunschbild im Kopf zu sehen fähig ist!

Wie sehen Sie die aktuelle Entwicklung rund um Griechenland und andere hochverschuldete Euro-Länder? Wie zuversichtlich sind Sie, was die nähere Zukunft unseres Wirtschafts- und Sozialgefüges angeht? Fangen wir uns noch oder „crasht“ das System am Ende?

Fritz Vogt: Hier zeigt es sich, daß das Kapital über der Arbeit steht und die Arbeit vom Kapital beherrscht wird. Bei dieser Zockerei zeigt der Kapitalismus sein wahres Gesicht. Das Kapital soll sich einfach grenzenlos vermehren, und diesem Trugschluß gehen wir voll auf den Leim. Ich hoffe aber immer noch, daß Menschen wie Sie oder Zeitschriften wie die Ihre das Bewußtsein für diese essentiellen Dinge in der Bevölkerung stärken und die Zusammenhänge klarmachen, so daß von der Basis, von der Bevölkerung, eine heilvolle und konstruktive Bewegung ausgeht, mit der man die Wende schaffen kann. Es müssen sich mehr Menschen dem zerstörerischen Denken des Kapitalismus verweigern, indem sie sich wenigstens über alternative Modelle Gedanken machen. So bereitet man im stillen einen Wandel vor. Wir dürfen dabei aber nicht auf Banker und Manager schimpfen, die uns das alles eingebrockt haben, sondern wir müssen bei uns selbst beginnen, dann erst schließt sich der Kreis! Wir müssen immer zuerst uns selbst fragen, wo unser Denken angesiedelt ist und ob wir auch schon von dieser Gier zerfressen sind. Ich denke nach wie vor, daß gesunder Menschenverstand ansteckend wirken kann! Falls es diese „Revolution“ von unten allerdings nicht geben sollte, dann weiß ich nicht, wie wir angesichts der ständig entstehenden Ungerechtigkeiten auf Dauer den Frieden erhalten können.

Die aktuellen Finanzprobleme zeigen aber doch auch einen Systemfehler, oder? Die ständig steigende Bilanzkurve, die uns irgendwann zu begraben droht.

Fritz Vogt: Ja, ein Systemfehler, weil außer dem Geld auf unserem Planeten nichts unbegrenzt wächst! Jeder Baum, jeder Mensch, jedes Tier hört irgendwann auf zu wachsen, erfährt seine natürliche Wachstumsgrenze, und das war immer gut so. Die fatale Antriebsfeder des Kapitals steckt genau in diesem unendlichen Wachstum.

Unendliches Wachstum hört sich wie ein religiöses Heilsversprechen an, und tatsächlich ist der Glaube an das Geld wie ein Religionsersatz und die Triebfeder unserer Zeit geworden. Neben größenwahnsinnigen Monumentalbauten zeigt sich der unheilvolle Wandel unserer Zeit auch in gesellschaftlichem Zerfall, in einer Brot-und-Spiele-Mentalität, in mangelndem sozialen Engagement, fehlender Empathie und schwachem Verantwortungsbewußtsein. Solche Zeitzeichen künden doch meist große Umbruchphasen an.

Fritz Vogt: In Zeiten der Not wachsen Menschen entweder über sich hinaus oder sie halten dem Druck nicht stand und fallen extrem zurück. Für mich ist beispielsweise Dubai das Wahrzeichen dieses weltweiten Wertzerfalls. In einer der unwirtlichsten Gegenden stampft man die höchsten Gebäude der Welt aus dem Boden. Wofür? Dieser Gigantismus ist ein ganz markanter Wesenszug des amoklaufenden Kapitals. Die Arbeiter, die meist aus Asien kommen, verdienen bei der Plackerei auf den Baustellen in der Wüstenhitze um die fünf Euro pro Tag! Dieses Geld reicht gerade einmal zum Überleben, da bleibt nichts zum Sparen übrig. Das sind ganz grelle Kontraste, die hier zum Verstehen der großen Zusammenhänge auffordern.

Wieso wissen wir als Verbraucher heute eigentlich so wenig über das Geld? Wäre es nicht sinnvoll, schon in der Schule mehr über die Funktionsweise des Geldes und seine unsichtbaren Seiten zu lernen?

Fritz Vogt: Geld befand sich zu lange in einer Tabuzone. Im Mittelalter sagte man, daß Geld ehrenrührig sei und daß nur die als Heilandmörder gebrandmarkten Juden damit handeln dürften. Viel eher dürfte den Menschen klar gewesen sein, daß man mit Geld betrügen, daß man es für seine höchstpersönlichen Zwecke mißbrauchen kann.

Das genügt aber doch nicht, um die heutige Wissenslücke zu erklären. Geld ist doch eine Illusion, Magie, wie immer man es ausdrücken mag, denn es funktioniert nur, wenn man an den „Schein-Wert“ des „Geld-Scheins“ glaubt.

Fritz Vogt: Ich sage meinen Kunden immer, daß sie über den Verbleib ihres Geldes nachdenken müssen! Jeder erhält als Gegenwert für seine Arbeit einen Geldbetrag, und dieses hartverdiente Geld geben die meisten ohne Bedacht einfach so weg – ohne sich zu fragen, was damit geschieht! Das heutige Banken- und Geldsystem ist jedoch geradezu darauf ausgelegt, diese Arbeitsleistung der Menschen zu mißbrauchen, um sich dadurch selbst zu bereichern. Ich hatte vor einiger Zeit einen Streit mit meinem Verbandschef. Uns wurde vorgeworfen, daß wir zu wenig Eigenkapital schaffen würden. Ich fragte ihn dann, wofür wir mehr Eigenkapital benötigen würden. Eine Bank benötigt solch eine Eigenkapitalanlage in erster Linie nur, um das Anlagevermögen zu decken. Die Forderungen an uns hatten aber einen anderen Hintergrund. Es geht hierbei eigentlich darum, daß man mit einem höheren Eigenkapital in unverantwortlicher Höhe Kredite ausleihen und spekulativ Gelder anlegen kann. Eine hohe Eigenkapitalanlage garantiert, daß man im Falle eines Verlustes oder einer Fehlspekulation nicht gleich pleite geht! Man muß aber wissen, woraus das Eigenkapital besteht: Das ist nichts anderes als der vorenthaltene Gewinn der Anleger! Die Bank gibt das Geld einfach nicht mehr an den Kunden zurück, sondern schafft damit Eigenkapital für sich selbst! Eigenkapital und die 25prozentige Rendite des Eigenkapitals – das ist das A und O im Bankwesen. Im Augenblick bekommen die Banken zudem noch von der EZB billiges Geld zu 1 Prozent zur Verfügung gestellt. Dieses Geld leiht man dann zu 6 Prozent aus und stärkt damit das Eigenkapitalpolster, das in den letzten Monaten so drastisch verzockt wurde. So etwas muß man den Kunden sagen! Man sagt zwar immer, das Eigenkapital sei das Geld der Kunden! Wer aber genau hinsieht, der weiß, daß diese Gelder noch nie zu ihm zurückgeflossen sind! Die Banken verwenden dieses Geld doch zu ihrem eigenen Nutzen, nicht, weil sie helfen wollen. Das ist ein einseitiges Geschäft!

In erster Linie würde der Job des Bankdirektors also Charakterstärke bedingen, sonst ist er den verführerischen Einflüssen, die vom Geld ausgehen, sofort ausgeliefert. Und er kann innerlich nur dann gefeit sein, wenn er den Blick immer wieder auf die Menschen wirft.

Fritz Vogt: Ich habe vor kurzem das Buch „Drachenläufer“ von Khaled Hosseini gelesen. In einem Dialog sagt der Vater zu seinem Sohn, daß es eigentlich nur eine Kardinalsünde gibt: Diebstahl! Alle anderen Sünden seien lediglich Varianten dieser Sünde. Wenn ich die Ehe breche, nehme ich dem anderen seine Frau, wenn ich schlecht von ihm spreche, stehle ich ihm seine Ehre, wenn man einen Mann tötet, stiehlt man sein Leben, wenn man lügt, stiehlt man einem anderen das Recht auf Gerechtigkeit. So reduziert sich alle Moral auf dieses Grundgebot: „Du sollst nicht stehlen!“ Meiner Ansicht nach gilt dieser Aufruf gerade den Banken, da das System ein einziger Diebstahl ist. Wenn man etwas nicht zurückgibt, was einem anvertraut worden ist, so ist das Diebstahl!

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